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Blog-Artikel

Frauenquote auf den Punkt gebracht

Lisa Ahrweiler-Weissman | Frauen in der Wirtschaft
Lisa Ahrweiler-Weissman | Frauen in der Wirtschaft

Themen in diesem Artikel

Weshalb funktioniert es eigentlich nicht, dass das Frauenpotential in unserer Arbeitswelt wirklich genutzt wird? Dass Frauen qualifiziert sind, ist bewiesen und sollte bekannt sein. Ist die langfristige Wirkung von personellen Entscheidungen nicht klar? Versperrt man sich der positiven Wirkungen gemischter Teams wider besseren Wissens? Ist der gesellschaftliche Rahmen das Problem? Sind Frauen einfach zu leise? Und warum kommen Töchter in Familienunternehmen nicht so oft als Nachfolge zum Zug?

Frauenquote im Unternehmen bezeichnet i.d.R. den Anteil der Frauen bezogen auf alle Beschäftigten. Die Beeinflussung der Frauenquote bein-haltet verschiedene Entscheidungsmomente: Einstellung, Entwicklung, Förderung, Karrierepla-nung. Jedes Mal kann und sollte bewusst Frau I Mann als explizites Thema diskutiert werden. Dass dies zusätzlich zur Qualifikationsprüfung sein sollte, ist selbstverständlich.

Situative Entscheidungen – langfristige Wirkung

Das Entscheidungsmoment bestimmt die damit verknüpfte Wirkung. Entscheidet man sich für eine Frau, besteht die Chance, dass sich aufgrund dessen erhobene und bewiesene Effekte ergeben. Und wenn dann Frauen Frauen nachziehen, beginnt der Multiplikationseffekt. Es braucht einfach einen Minimumanteil an Frauen, um Effekte zu haben. Persönlich habe ich zu Beginn meines Berufslebens eine Frauenquote von 25% erlebt und folgende Effekte festgestellt:

  • männliche und weibliche Unterstützung in der Einarbeitung durch Thematisierung sensitiver Themen und Erwartungshaltungen an weibliche bzw. männliche Kollegen, von Kleiderordnung bis Kundenumgang als Frau oder als Mann
  • gemischte Teams in unterschiedlichen Arbeitssituationen, die Vielfalt, Kreativität, Miteinander gelebt haben
  • konsequente Umsetzung der 25%-Quote in Förderung, Karriere und Entlohnung im Kontext Leistungserbringung
  • kulturelle tiefe Verankerung, die intern und extern deutlich spürbar war. Sogar Kunden haben explizit nach gemischten Teams ge-fragt.

Teufelskreis der Entscheider

Dass Männer bewusst und sehr wohl auch un-bewusst sich gerne immer wieder für einen Mann entscheiden, ist der Multiplikationseffekt in männlicher Richtung. Dies ist nachvollziehbar: Wenn das persönliche Netzwerk männlich ge-prägt ist, ist es eben auch nur so nutzbar. Oft stellt sich dann gar nicht mehr die Frage, ob Mann oder Frau genutzt werden kann. Vielleicht gibt es dann eben nur die männliche Option im Netzwerk. Und wer betreibt dann weiteren Auf-wand, eine Frau zu finden?

Positive Erfahrungen – Reflektion – kulturelle Verankerung in Unternehmen

Der eigentliche Hebel, Frauenpotential in Unternehmen zu haben und zu nutzen, braucht die kritische Masse an Frauen. Erst dann kann der Frauenanteil systematisch aufgebaut werden. Dies betrifft den rein quantitativen Frauenanteil. Qualitativ ist schon lange bekannt, dass Frauen einen „value added“ einbringen. Diverse Studien zeigen: gemischte Teams funktionieren besser, sind effizienter und kreativer. Denn klar ist: allein die Mischung ist gewünscht, kein Frauenüberhang oder keine reinen Frauenteams. Spannenderweise ergibt sich durch die stärkere Integration von Frauen eine Win-Win-Situation auch für Männer. Wenn Teams besser funktionieren, Ergebnisse kreativer und effizienter werden und es vielleicht sogar mehr Spaß macht – wer will sich denn gegen ein solches Arbeitsumfeld wehren? Die kulturelle Verankerung ist eine Führungsaufgabe, die den Mut zum Ausprobieren, Reflektieren und Fortsetzen erfordert – und das langfristig!

Rechtlich hat sich die Grundlage für die Arbeitsfreiheit für Frauen stark geändert

Vor 25 Jahren war es in Deutschland üblich, dass Haushalt und Kinder automatisch in die Verantwortung der Frauen fallen. Schritt um Schritt sind neue Rahmenbedingungen und rechtliche Grundlagen entstanden:

  • Seit dem 01.08.2013 gilt der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung für Kinder zwischen einem und drei Jahren.
  • Ab dem vierten Lebensjahr bis zur Einschulung besteht ein solcher Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz bereits seit 1996.
  • Seit 1. Januar 2001 können beide Elternteile ganz oder zeitweise zusammen in Elternzeit gehen, bis dahin war lediglich eine Abwechslung der Eltern möglich.
  • Ganztagesbetreuung von Kindern wird immer weiter ausgebaut.

Die gesetzlichen Grundlagen gelten schon einige Zeit. Die gesellschaftliche Akzeptanz greift nach und nach. Aktuell wissen Arbeitgeber, dass sie jetzt auch bei jungen Männern damit rechnen müssen, dass diese in Elternzeit gehen und Arbeitgeber merken zunehmend, dass junge Frauen wesentlich schneller wieder im Arbeitsleben aktiv sind. Arbeitszeit- und Arbeitsplatzmodelle sind Themen, mit denen sich jedes Unternehmen beschäftigt. Auffällig ist auch, dass Männer, die jetzt zwischen 20 und 40 Jahre alt sind, deutlich zunehmend eine höhere Gleichwertigkeit in der Beziehung leben. Kinder, Haushalt, Elternzeit werden immer mehr als gemeinsame Verantwortung gelebt. Dieses Grunddenken wächst damit indirekt in den Entscheidern der Unternehmen. Der „alte, weiße Mann“ wird ganz langsam ersetzt.

Söhne als Chefs in Familienunternehmen gewünscht

Die Situation von Frauen in Familienunternehmen in Deutschland ist schockierend: nur 6,9% beträgt der Frauenanteil in der Geschäftsführung der 100 umsatzstärksten Familienunternehmen (Quelle: Albright Stiftung). Im europäischen Vergleich ist Deutschland als eine der führenden Wirtschaftsnationen eines der Schlusslichter zu diesem Themenkontext. 5% der Aufsichtsratspositionen von Familienunternehmen ist mit Frauen besetzt. Viermal so hoch, nämlich bei 20%, ist dieser Anteil in Dänemark, Schweden, Finnland und Spanien (Quelle: Personalwirtschaft). Deutschland ist hier absolut rückständig und antiquiert. Leider bestätigt sich dies durch Kundenzitate wie: „Ich habe keinen Nachfolger, ich habe drei Töchter.“

Verwunderlich ist es nicht: das Durchschnittsalter von Familienunternehmern auf Führungsebene liegt bei 61 Jahren (Quelle: Albright Stiftung). Typische männliche Seilschaften sind hier tief verankert. Frauen arbeiten in diesen Unternehmen, aber weit weg von der obersten Führungsebene. Der typische 61-Jährige hat entsprechend keine, allenfalls geringe Erfahrung mit Frauen in Verantwortung. Hier kann nur eine Quote kurzfristige Effekte bewirken.

Frauen sollten wenigstens die Chance erhalten, sich zeigen zu dürfen. Die Erfahrung zeigt, dass sie sich sehr wohl bewähren und einen Mehrwert bieten. Damit Chancen genutzt werden können, gibt es seit langem systematische Nachfolgeprozesse. Das ist nicht das Problem. Vielmehr braucht es ein Umdenken in den Köpfen der Entscheider, eine neue Haltung gegenüber Töchtern und Frauen zu fördern.

Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft sind bei Frauen gegeben. Frauen neigen dazu, zu kritisch mit sich selbst zu sein. Der eigene Anspruch ist sehr hoch und im Vergleich mit Männern zu hoch. Wenn bei Frauen nur neun von zehn Themen passen, haben sie ihr „ja, aber“ bereits gefunden und sagen oder zeigen das dann. Geschieht dies in Familienunternehmen, wird der Tochternimbus schnell beschädigt. Dabei brauchen wir weibliche Nachfolge auf allen Ebenen. Sie ist elementarer Teil unserer Zukunftsfähigkeit.

Ganz aktuell zeigt uns die Politik, dass mehr geht als man denkt. Das neue Bundeskabinett der Bundesrepublik Deutschland ist mit Bundeskanzler Olaf Scholz und mit Anna-Lena Baerbock (Auswärtiges Amt – Die Grünen), Nancy Faeser (Innen und Heimat – SPD), Steffi Lemke (Umwelt und Naturschutz – Die Grünen), Christine Lambrecht (Verteidigung – SPD), Anne Spiegel (Familie – Die Grünen), Svenja Schulze (Zusammenarbeit und Entwicklung – SPD), Bettina Stark-Watzinger (Bildung und Forschung – FDP) und Klara Geywitz (Bauen – SPD) – also acht von 16 Ministerien durch Frauen – besetzt.

Fazit

Die gesellschaftliche Basis verändert sich in eine positive Richtung, der gesetzliche Rahmen ist in Bewegung gekommen und bietet vielfältige Möglichkeiten und Chancen. Männer der jüngeren Generationen sind offener und gleichberechtigter, gehen mit in die Verantwortung. Was bleibt Frau zu tun?

  1. Traut euch, euren Weg zu gehen. Lernen kann man alles. Wenn euch ein Thema interessiert, beschäftigt euch damit.
  2. Nehmt euch Vorbilder. Es gibt erfolgreiche Frauen, die zeigen, dass es geht.
  3. Holt euch die richtigen Begleiter. Ihr seid nicht allein: sucht und nehmt euch Hilfe und Unterstützung.
  4. Baut euch ein Netzwerk auf, dass auch Frauen explizit beinhaltet.
  5. Zeigt euch, so laut, dass ihr bemerkt werdet.
  6. Fördert selbst aktiv Frauen, in der täglichen Arbeit, in euren Teams, als Führungskraft und in der privaten Diskussion.

Go for it – each day.

Autor

Lisa Ahrweiler-Weissman

Senior Projektleiterin
Lisa Ahrweiler-Weissman
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