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Blog-Artikel

Transformational Leadership

Warum sich das Management von tayloristischen Methoden befreien muss

Johannes Josnik | Transformational Leadership
Johannes Josnik | Transformational Leadership

Die (Geschäfts-) Welt, in der wir leben, wird immer volatiler, unsicherer und komplexer. Veränderungen zeichnen sich mit zunehmender Deutlichkeit ab und Unternehmenslenker stehen vor immer größeren Herausforderungen. Krisen beschleunigen all diese Tendenzen zusätzlich und zeigt uns erbarmungslos, wie dringend wir umdenken und handeln müssen, statt weiter zuzusehen und im Status quo zu verweilen (vgl. Müller, Henrik: Die Welt nach der Krise).

Den Begriff der „VUKA-Welt“ gibt es nämlich nicht erst seit Beginn der globalen Pandemie Anfang 2020 – Ökonomen beschäftigen sich bereits seit den 1990er Jahren mit diesen einschneidenden Veränderungen der Märkte und dennoch ist in vielen Unternehmen bisher erschreckend wenig passiert. Dabei ist der fortschreitende Wandel mehr Chance als Bedrohung, wenn man versteht, ihn zu nutzen, statt dagegen anzukämpfen (vgl. Schleidt, Daniel: Warum Corona eine Chance sein kann).
 

Die offensichtlichen Schwächen des Taylorismus und transaktionaler Führung

Doch wieso sind dermaßen viele Unternehmen verschiedenster Branchen offenbar nicht optimal für die Zukunft gerüstet? Eine Antwort ist sicherlich plausibel: In vielen Unternehmen werden nach wie vor tayloristische Prinzipien aus dem Industriezeitalter praktiziert. Auch heute sind viele Organisationen in erster Linie von (Kosten-) Effizienz getrieben und streben eine höchstmögliche Standardisierung durch Prozesse an.

Auf der Führungsebene bedeutet das, dass ausschließlich das Management das Denken übernimmt und Mitarbeiter lediglich als Befehlsempfänger fungieren. Folglich ergibt sich ein vorrangig transaktionaler Führungsstil, der im Grunde von einer Austauschbeziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden gekennzeichnet ist. Im Rahmen dieses Austauschs erfahren die Geführten einerseits Wertschätzung für positive Leistungen und andererseits negatives Feedback für mangelhafte Leistungsqualität. Eine Einbeziehung bzw. ein Mitspracherecht von involvierten Mitarbeitern ist hierbei nicht vorgesehen oder erwünscht.

Die aus diesen Praktiken resultierende, große Bedeutung von Hierarchien und eine starke Ausprägung klassischer Bürokratie erschweren es jedoch enorm, der immer höher werdenden Komplexität und Dynamik des Umfelds gerecht zu werden und entsprechend angemessen auf Veränderungen zu reagieren. Wie obsolet und bedrohlich die Praxis dieser Prinzipien in der heutigen Zeit tatsächlich ist, zeigen uns Bauprojekte wie der Flughafen BER oder die Elbphilharmonie in Hamburg – ein regelrechter Weckruf für einen alternativen Ansatz im Umgang mit steigender Komplexität. Tayloristische Praktiken wie pedantisches Kosten-Controlling, eine gelebte Absicherungskultur und stringente Aufgabenerfüllung nach Handlungsanweisungen haben ausgedient.
Veränderte Rahmenbedingungen verlangen einen Wandel im Inneren und Negativ-Beispiele wie Quelle, Großdruckerei Schlott, Nokia oder Kodak zeigen uns plakativ, dass wir uns dieser inneren Transformation nicht verweigern sollten (vgl. Meyer, Cornelia: Wenn Marktführer abstürzen: Diese bekannten Konzerne sind grandios gescheitert).

Transformational Leadership – Mindshift durch Metanoia

Im Zuge der Krisen der letzten Jahre haben viele Unternehmen bereits den ersten Schritt, das Erkennen des Handlungsbedarfes, gemacht. Man schaue nur einmal auf gängige Regelungen zu remote und hybrid work – vor wenigen Jahren vielerorts noch undenkbar. Es braucht jedoch mehr als das Erkennen und reaktive Handeln im Krisenfall um langfristig wettbewerbsfähig, beziehungsweise zukunftssicher zu bleiben. Die deutsche Unternehmenslandschaft benötigt ein radikales Umdenken,  einen Paradigmenwechsel – Metanoia (phil.: innere Umkehr, Änderung der Weltsicht) – bei den Unternehmern und Führungskräften unseres Landes. Um hoffnungsvoll in die Zukunft blicken zu können, müssen wir es schaffen, Komplexitätsrobustheit aufzubauen und uns von tayloristischen, transaktionalen (Führungs-) Prinzipien zu lösen.

Die Problemstellungen, denen Unternehmen heute gegenüberstehen, sind zu komplex für Solo-Entscheidungen von Managern – zukünftig braucht es eine Transformation des Führungsverhaltens hin zu partizipativer, integrativer Führung. Eine agile Kultur des offenen Miteinanders statt staubiger Top-Down-Befehlsketten. Führungskräfte als Coaches und Mentoren, die Ängste und Stress ihrer Mitarbeiter in Motivation und Höchstleistung verwandeln. Ein Umfeld, in dem das Neue und Unbekannte Selbstverständlichkeit wird und der Innovationsmut schwerer als das Sicherheitsbedürfnis wiegt (vgl. Kortmann, Olaf: Transformationale Führung).

Die vier Prinzipien transformationaler Führung

Ganz den vier zentralen Grundprinzipien der transformationalen Führung folgend, zeichnen sich transformationale Führungskräfte durch vier wesentliche Merkmale aus, welche die Motivation und Leistung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigern können.

Inspirierende Motivation: Transformationale Führungskräfte schaffen ein inspirierendes Umfeld, indem sie klare Visionen und Ziele vermitteln. Sie vermitteln den Mitarbeitenden das Gefühl, dass ihre Arbeit wertvoll ist, und leisten einen wichtigen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens. Eine inspirierende Führungskraft födert die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden und sorgt dafür, dass sie sich mit Engagement und Leidenschaft für ihre Arbeit einsetzen.

Intellektuelle Stimulation: Transformationale Führungskräfte fordern und fördern die Kreativität ihrer Mitarbeitenden. Sie ermutigen ihre Teams dazu, neue Ideen einzubringen und Probleme auf innovative Weise zu lösen. Indem sie das intellektuelle Engagement und die intellektuelle Herausforderung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern, tragen transformationale Führungskräfte zur Verbesserung der Arbeitsprozesse und zur Innovation im Unternehmen bei.

Individuelle Aufmerksamkeit: Eine transformationale Führungskraft ist auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden bedacht und fördert deren persönliche Entwicklung. Durch regelmäßige Gespräche und Feedback schafft sie ein Umfeld, in dem sich die Mitarbeitenden gehört und verstanden fühlen. Mit gezielten Entwicklungsmöglichkeiten unterstützt sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

Vorbildlicher Einfluss: Transformationale Führungskräfte verkörpern die Unternehmenswerte und ziele und inspirieren ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, diesem Beispiel zu folgen. Sie schaffen eine Kultur der Integrität und Verantwortung, indem sie ausstrahlen und vorleben, was sie von ihren Mitarbeitenden erwarten. Indem sie als Vorbild agieren, tragen sie dazu bei, dass eine positive Unternehmenskultur entsteht und von allen Mitarbeitern geteilt wird. 

Insgesamt tragen transformationale Führungskräfte dazu bei, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich vollständig in ihre Arbeit einbringen und sich für den Erfolg des Unternehmens engagieren. Durch ihre inspirierende Motivation, intellektuelle Stimulation, individuelle Aufmerksamkeit und vorbildlichen Einfluss schaffen sie ein Umfeld, in dem ihre Teams ihre Potenziale voll ausschöpfen und das Unternehmen zum Erfolg führen können. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand – gesteigerte Produktivität, bessere Zusammenarbeit, geringere Fluktuationsraten und höhere Kundenzufriedenheit. Kurzum: Unternehmenserfolg.

Die Umsetzung einer transformationalen Führung erfordert Fingerspitzengefühl

Bei allen Chancen, die transformationale Unternehmensführung eröffnet, erfordert die Einführung dieses Leadership Stils nicht zu vernachlässigende Anstrengungen. Die Verankerung transformationaler Visionen und Führungsbilder erfordert oft eine Anpassung der bestehenden Unternehmenskultur und der Arbeitsweise der Mitarbeitenden. Diese Veränderungen können sich dabei, abhängig von der Identifikation der Belegschaft mit der Unternehmenskultur, kompliziert gestalten und einiges an Geduld erfordern.

Bei einer übermäßigen Betonung der Vision können transformationale Führungskräfte zudem Gefahr laufen, Details zu vernachlässigen. Konzentrieren sich Führungskräfte zu stark auf die Vision und vernachlässigen dabei deren konkrete Umsetzung kann dies zu Enttäuschungen und Demotivation führen – im direkten Gegensatz zur ursprünglich anvisierten Steigerung von Motivation und Produktivität im Unternehmen. 

Wird die Umsetzung eines transformationalen Führungsstils zu stark an einzelne Führungspersonen gekoppelt kann dies zudem zu ungewollten Abhängigkeiten führen. Fällt besagte Führungsperson nun aus oder verlässt das Unternehmen, so kann dies ebenfalls zu einem Verlust an Vision und Engagement führen. In der Folge gehen die einschlägigen Vorteile für das Unternehmen zurück.

Transformationale Führung bei Zalando: Das Konzept Radical Agility Leadership im Praxistest

Dass transformationale Führung funktioniert, beweist unter anderem der deutsche Modehändler Zalando mit seinem 2015 eingeführten Organisationsmodell „Radical Agility Leadership“. Neben einer neuen IT-Architektur ist dieses auf den drei Prinzipien „Purpose, Autonomy & Mastery“ aufgebaut. Konkret bedeutet dies, kleine Entwicklungsteams einzuführen, die einen greifbaren Purpose hinter dem haben, was sie tun und produzieren. Jedes Team definiert in enger Abstimmung mit dem Management die Ziele und den Rahmen, wobei das Management bei der anschließenden Entscheidungsfindung nur noch begleitende Unterstützung leistet. So genießt jedes Team ein hohes Maß an Freiheit bei der Suche nach innovativen und originellen Lösungen. Nicht zuletzt unterstützt Zalando die Mitarbeitenden in den Teams dabei, ihr Wissen für die eigene Karriere und darüber hinaus auszubauen und zu erweitern (vgl. Lütke Schehowe, Christoph., Friessning, Matthias: Radical Agility – Wie macht man eine große und junge Organisation wie Zalando (wieder) agil?). 

Durch das Zusammenspiel dieser drei Faktoren, unterstützt durch entsprechende Ressourcen, schafft Zalando ein motivierendes Umfeld und befähigt die Mitarbeitenden, eigenständig originelle Problemlösungen zu finden. 

Der Erfolg dieser Strategie spiegelt sich auch in den Zahlen des Unternehmens wider – seit der Einführung des Radical Agility Leadership im Jahr 2015 hat sich der Umsatz des Unternehmens von knapp drei Milliarden Euro auf über zehn Milliarden Euro im Jahr 2023 mehr als verdreifacht (vgl. Statista: Zalando: Annual Revenue of Zalando from 2009 to 2021).

Autor

Johannes Josnik

Geschäftsführender Gesellschafter
Johannes Josnik
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