Es wird nur erreicht, was gemessen werden kann. Diese Weisheit wird leider im B2B Preismanagement nur selten beherzigt. Hand aufs Herz, wissen Sie welcher Netto-Netto-Preis nach allen Abzügen bei einzelnen Kunden, einzelnen Produkten oder einzelnen Projekten wirklich im Unternehmen ankommt?
Die eigenen Preise sind intransparent
Der Preis ist der effektivste Hebel für den Unternehmensgewinn. Diese unumstößliche Erkenntnis ist nicht nur vielfach theoretisch belegt, sondern lässt sich mit mathematischem Basiswissen recht einfach aus der Gewinnformel ableiten. Mit dieser Erkenntnis im Kopf wundert es umso mehr, dass der Preis gleichzeitig das am wenigsten kontrollierte und am wenigsten gemanagte Element der Gewinnformel ist. Der Fokus liegt in der täglichen Praxis häufig mehr auf Absatz und Kosten.
Wie schlecht Preise vor allem im B2B kontrolliert werden, offenbart sich meist bei einfachen Fragen. Zum Beispiel können viele Manager die Frage nicht beantworten, wie hoch der Anteil vom Bruttopreis ist, der nach allen Abzügen netto-netto in der Tasche des Unternehmens übrigbleibt. Das ist oft schon bei einfachen Rabattzusammenhängen schwierig und Effekte verknüpfter Rabattelemente werden oft unterschätzt.
In der Praxis sind die Rabatt- und Bonuselemente leider noch komplizierter: So können Bonuselemente bspw. nur ungenau auf Produkte zugerechnet werden oder Rabatte und andere Elemente nur ungenau auf Produkte. Die Frage, wie viel Netto vom Brutto bleibt, bleibt so oft unbeantwortet. Darüber hinaus wird die Wirksamkeit einzelner Rabatt- oder Bonuselemente im Verhältnis zu den Kosten (Preissenkung) meist nicht geprüft. Wie auch, die effektive Preissenkung ist ja unbekannt. Es bestehen lediglich Glaubenssätze und Vermutungen, was meiner Erfahrung nach dazu führt, dass deutlich mehr Preisnachlässe gegeben werden, als für eine effektive Marktbearbeitung notwendig wären. Das Problem, dass sich daraus ergibt: die Preistransparenz ist auf Kundenseite oft höher als auf Anbieterseite. Fehlentscheidungen beim Preismanagement sind vorprogrammiert. Eine zielführende Preisstrategie lässt sich auf diesem Fundament nicht gründen und schon gar nicht konsequent umsetzen.
Diese Herausforderung potenziert sich, je mehr Bereiche und Personen im Unternehmen über Preisbefugnis verfügen, also Preise machen können. In multinationalen Unternehmen liegt die Preishoheit bspw. oft in den Ländermärkten oder in produktgetriebenen Organisationsformen in den Business Units. In der Aggregation nach oben wird das Bild des „Netto vom Brutto“ dann immer diffuser. In der Folge bleibt das Unternehmen hinter den erzielbaren Gewinnen oft deutlich zurück.
Vier zugrundeliegende Probleme
Warum also beschäftigen sich Unternehmen im B2B nicht stärker mit Preiscontrolling und heben die vorhandenen Potenziale? Aus meiner Sicht gibt es im Wesentlichen fünf zugrundeliegende Probleme, die ein effektives Preiscontrolling verhindern.
1. Sichtbarkeit/ Management-Attention
Trotz der hohen Bedeutung des Preises für die Unternehmensgewinne liegt das Augenmerk des Managements häufig auf anderen Themen. Das hat in manchen Fällen kulturelle Ursachen („Unser Vertrieb muss unabhängig agieren können“), in anderen Fällen scheint das Anliegen des Unternehmers gar nicht das Gewinnstreben zu sein („Gewinnoptimierung ist nicht unser Primärziel“) – dass hierin ein unternehmerischer Grundwebfehler besteht, erläutere ich gerne an anderer Stelle. In den meisten Unternehmen resultiert die mangelnde Sichtbarkeit des Themas Preis im Management aber schlichtweg aus der Tatsache, dass es noch niemand auf die Tagesordnung gebracht hat. So banal das klingt, aber man hat sich in vielen Unternehmen ganz einfach noch nie systematisch Gedanken über die Bedeutung des Preises gemacht. Der hohe Einfluss des Preises auf den Gewinn und auf eine effektive Marktbearbeitung ist in den Routinen des Managements nicht verankert.
2. Know-how & Manpower
Eine fundierte Ausbildung im Preis-Controlling ist selten zu finden. In den allermeisten Unternehmen gibt es folgerichtig keine Funktion, die sich dezidiert mit dem Preismanagement oder Preis-Controlling auseinandersetzt. Meiner Erfahrung nach findet sich auch nur selten jemand im Unternehmen, der über ausreichend Erfahrung und Hintergrundwissen verfügt, um ein Preis-Controlling strukturiert aufzusetzen. Hierfür ist es wichtig, die richtigen Fragen zu stellen und auch ein gewisses Standing in der Organisation zu haben, denn die Diskussionen, die geführt werden müssen, werden schnell politisch. Insbesondere der Vertrieb reagiert oft – berechtigterweise – sehr sensibel und empfindet Preis-Controlling als Eingriff in seine ange-stammten Aufgaben.
Hier ist Fingerspitzengefühl gepaart mit einer Portion Benchmarking und dem Blick über den Tellerrand gefragt. Die Strukturierung der vorhandenen Daten und eine anschauliche Aufbereitung der Informationen sind das erste Ziel. Zur Identifikation der relevanten Analysen kann dabei erfahrungsgemäß kurzfristig eher selten auf interne Ressourcen mit ausreichend Know-how zurückgegriffen werden. Allerdings liegt hierin auf mittlere Sicht ein Schlüssel: das Management muss bereit sein, die notwendigen Ressourcen bereit zu stellen und eine entsprechende organisationale Verankerung sicherstellen. So können eine oder mehrere gut ausgebildete Personen Preis-Controlling auf Dauer umsetzen. Denn klar ist: Preis-Controlling ist keine einmalige Aufgabe, sondern erfordert dauerhaftes Monitoring.
3. Tools & Reports
In der Umsetzung des Preis-Controllings ist es nötig, Zugänge zu vorhandenen Daten zu schaffen. Die notwendigen Informationen liegen zwar in den meisten Unternehmen vor, sind aber praktisch schwer greifbar und nutzbar. Abfragen sind zu entwickeln, Auswertungen aufzusetzen und Dashboards zu generieren. Hierfür sind die richtigen Tools nötig, vor allem um dauerhaft eine hohe Effizienz und Effektivität sicherzustellen.
Die Zusammenstellung der richtigen Informationen in handlungsorientierten Management-Dashboards ist die nächste Herausforderung, an der viele Unternehmen leider scheitern. Selbst wenn alle Informationen zusammengetragen sind, bedeutet das noch nicht, dass Preis-Controller, Vertrieb und Management daraus die richtigen Schlussfolgerungen ziehen können. Eine zielführende Aufbereitung der Informationen in Form von KPI und eine managementorientierte Darstellung ist notwendig. Darüber hinaus sollte ein Management-Dashboard klare Handlungsimplikationen beinhalten und Interpretationen geben.
4. Handlungskonsequenz
Ein handlungsorientiertes Dashboard hat natürlich nur dann einen Sinn, wenn die entsprechenden Handlungsmaßnahmen auch abgeleitet und umgesetzt werden. Leider stelle ich in meiner Beratungstätigkeit immer wieder fest, dass es hier große interne Widerstände zu überwinden gibt. Mancher im Vertrieb oder Management fühlt sich in seinen Kompetenzen beschnitten und es werden sehr politische Diskussionen geführt. Aus meiner Sicht ist es in solchen Fällen entscheidend, im Sinne eines Change Managements durch das Aufsetzen einer vereinenden Preisstrategie alle relevanten Stakeholder mitzunehmen.
Ein weiterer Aspekt ist die konsequente Ableitung von Handlungsmaßnahmen. Hier verstricken sich Unternehmen immer wieder in unstrukturierten Diskussionen. Es empfiehlt sich daher, bereits bei der Entwicklung von Dashboards zu entscheiden, welche Ausprägung von KPIs welche Maßnahmen nach sich ziehen sollte. So erreicht man in der Regel ein höheres Commitment und mehr Handlungskonsequenz in der Umsetzung.
Fazit
Die Etablierung eines effektiven Preis-Controllings bietet Unternehmen erhebliche Chancen, den Gewinn zu optimieren. Durch die Steigerung der Transparenz bzgl. des eigenen Preissystems wird die positive Wirksamkeit von Rabatten und Boni ebenso messbar wie die negativen Effekte auf den Gewinn. Damit wird ein solides Fundament für vertriebliche Entscheidungen allgemein und die Entwicklung und Umsetzung einer Preisstrategie geschaffen. Vier zugrundeliegende Problemfelder sollten behandelt werden, um ein Preis-Controlling zu etablieren: Zunächst ist die Management-Attention sicherzustellen. Dann sind das notwendige Know-how und Ressourcen bereitzustellen, bevor über geeignete Tools und Dashboards die Handlungskonsequenz erreicht werden kann. Bei alledem ist zu bedenken, dass in der Regel im Unternehmen nicht die notwendigen Erfahrungswerte vorhanden sind, ein zielgerichtetes Preis-Controlling aufzubauen.