hero_smiling-woman_2880x1800
Blog-Artikel

Die Macht der 7

Sieben-Jahres-Phasen bei Mensch und Unternehmen

Arnold Weissman | Strategie für Familienunternehmen und Mittelstand
Arnold Weissman | Strategie für Familienunternehmen und Mittelstand

Themen in diesem Artikel

Gerade zum Jahreswechsel machen sich die meisten von uns viele Gedanken über ihre Zukunft. Es ist die „stade Zeit“, in der wir zur Ruhe und Besinnung kommen und uns manchmal auch Zeit für uns selbst nehmen. Ich verbinde dies mit der Frage: Was will ich wirklich?

Eine einfache Frage mit vier Schwerpunkten:

  1. WAS will ich wirklich? Wie schaut meine Wunschliste an das Leben aus?
  2. Was WILL ich wirklich? Ist es mein echter Wille oder nur eine Absichtserklärung?
  3. Was will ICH wirklich? Will ich es für mich oder will ich es nur, weil andere wollen, dass ich es will?
  4. Was will ich WIRKLICH? Bin ich bereit, alles dafür einzusetzen, um meine Ziele und Visionen auch zu erreichen? Bin ich bereit, den Preis dafür zu bezahlen?

Natürlich macht diese Reflektion nicht nur persönlich Sinn, sondern auch für unsere Unternehmen. Die Unternehmens-Planung lässt sich in vier Zeitabschnitte unterteilen. Da ist zum einen die zeitlich unbefristete normative Ebene, die Welt unseres Leitbildes. Hier geht es um Themen wie die Mission (vom Lateinischen mittere = entsenden). Was ist der Auftrag, der Zweck der Existenz, der Sinn unseres Unternehmens? Und genauso persönlich: What am I here for? Was soll mein Beitrag sein? Was der Beitrag unseres Unternehmens? Warum ist es gut, dass es unser Unternehmen oder auch mich gibt? Was würde der Welt fehlen ohne eines von beiden? Worauf will ich stolz sein? Welchen Reichtum fügen wir der Welt hinzu?

Hier geht es auch um die Vision (vom Lateinischen videre = sehen). Eine Vision ist ein attraktives Bild einer möglichen Zukunft. Es ist eine Vor-Stellung, ein inneres Bild. Und es muss möglich sein, denn sonst rutschen wir in den Bereich der Utopie ab und verlieren die Kraft, die von einer echten Vision ausgeht.

Und es geht um Werte (vom Lateinischen valere = stark sein, kräftig sein). Werte helfen uns, die Orientierung zu bewahren, zu be-werten. Sie sind wie ein innerer Kompass, der uns sagt, ob unser Verhalten richtig oder falsch ist. Werte kann man – anders als Ziele – nie erreichen, man kann sie nur leben. Heute. Jeden Augenblick. Mission, Vision und Werte geben uns den Rahmen für unser Handeln, sie geben uns die Richtung vor. Sie sind ein ethischer und moralischer, aber auch ein ökonomischer Kompass.

Wenn es an die strategische Ausrichtung (meines Unternehmens oder auch von mir) geht, brauche ich Zeitabschnitte, die griffiger, näher, umsetzungsorientierter sind, als mein Leitbild. Das Leitbild gibt mir den Rahmen für meine strategischen Ziele. In unserer Methodik hat die Zahl Sieben eine besondere Bedeutung. Wie heißt es doch so schön:

The Seven is a magic number!

Die 7 ist eine biblische Zahl. Hier gibt es 7 gute und 7 schlechte Jahre. In der indischen Lehre des Ayurveda gibt es 7 Energie-Chakren, die bestimmen, wie gut es uns geht. Unsere Körperzellen erneuern sich alle 7 Jahre (mit Ausnahme der Gehirnzellen). Die Beispiele über die Macht der 7 lassen sich fast beliebig fortführen. Ob in der Bibel, im Ayurveda oder auch in der Numerologie: die Zahl 7 hat oft besondere Beachtung gefunden.

Aus diesen Gründen haben wir für die strategische Entwicklung den Zeitraum von sieben Jahren gewählt. Natürlich weiß kein Mensch, wie die Welt in sieben Jahren aussieht, dazu verändert sie sich zu schnell und zu zappelig. Die entscheidende Frage einer Strategie ist auch nicht, welche finanziellen Ergebnisse unser Unternehmen im Jahr 2029 erzielen wird, die entscheidende Frage lautet: was will ich, was soll mein Unternehmen in sieben Jahren können, damit wir morgen „kraftvoll zubeißen können“?

Strategie ist kein Zahlenspiel, es ist ein Kompetenzmodell. In der Evolution von Kompetenzen gibt es vier Stufen: Einsteiger, Anwender, Könner und Experte. Einsteiger gibt es viele. Sie wissen oft viel und können meist wenig. Anwender haben schon echte praktische Erfahrungen gesammelt. Könner erfüllen die höchsten Standards, sie sind die Meister der Gegenwart. Experten setzen die Standards, sie sind die Meister der Zukunft.

Strategie ist die Antwort auf die Frage: was muss ich in den nächsten 7 Jahren können (und auch dazulernen), um dann ein Meister meines Faches zu sein? Wofür wollen wir morgen als Experte wahrgenommen werden? In welchen Bereichen wollen wir Grenzen verschieben, Standards neu setzen? Eines ist sicher: was wir heute können, ist bei vielen von uns sicher sehr gut, vielleicht exzellent. Es ist definitiv zu wenig für morgen!

Spuren hinterlassen

In der Anthroposophie, der Lehre von Rudolf Steiner, wird das Leben in 7-Jahresabschnitte unterteilt.

In den ersten 7 Lebensjahren steht das Wachsen, die Entwicklung vom Säugling, der allein nicht lebensfähig ist, bis hin zum Schulbeginn im Vordergrund. Ausgestattet mit unseren genetischen Besonderheiten, die uns unverwechselbar und einmalig machen, lernen die kleinen Kinder von ihrer Umgebung, von ihren Bezugspersonen. Sie lernen ihre Sprache (auch ihre Körpersprache), sie lernen spielerisch und manchmal auch mit Zwang, sich im Leben zurechtzufinden. Wir sind offen für die Einflussnahme von außen, die unser Leben in hohem Maße prägen wird.

Von 7 bis 14 beginne ich, meine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Ich werde selbständiger, finde meine Freunde, lerne mich auch allein in der Welt zurecht zu finden. Ich finde meine Hobbies, ich entdecke mich als eigenständige Persönlichkeit.

Von 14 bis 21 – von der Pubertät bis hin zum Erwachsenenalter – entwickle ich meine Persönlichkeit, meine Überzeugungen. Ich lege mich politisch fest, entscheide, wie ich mich ernähren möchte, was ich studieren möchte oder welche Berufsausbildung ich wähle.

Von 21 bis 28 ziehen wir hinaus in die Welt, lösen uns vom Elternhaus, beziehen die eigene Wohnung. Wir legen wesentliche Grundlagen für unseren späteren Berufsweg, probieren Partner aus, finden uns selbst immer mehr.

In unserem kulturellen Umfeld wählen wir oft von 28 bis 35 unseren Partner aus, mit dem wir eine feste Beziehung eingehen. Materielle Dinge, Beruf, Karriere, Haus, Vermögensaufbau, Familie stehen jetzt im Mittelpunkt.

Zwischen 35 und 42 fragen sich viele von uns: soll das etwa alles sein? Da geht doch viel mehr! Habe ich einen Beruf oder folge ich meiner Berufung? Wenn Begeisterung eine Liebeserklärung an das Leben ist, dann stellt sich die Frage: lebe ich ein begeisterndes Leben? Oder ist es einfach nur „normal“? Und langweilig? Jetzt beginnt die zweite Halbzeit des Lebens. Sinnfragen werden dominanter. Wir fangen an zu erkennen, was wirklich wichtig ist.

42 bis 49 Jahre – was für ein spannender Lebensabschnitt. Mit vielen Möglichkeiten, Potentialen, Abenteuern. Der Weg an die Spitze?

Die Zeit von 49 bis 56 ist die erste echte Erntephase. Wir ernten jetzt, was wir gesät haben. Wir nutzen die ganze Entwicklung, um unser volles Potential auszuschöpfen. Hier beginnen auch die körperlichen Veränderungen (Wechseljahre), die uns zeigen, dass unser Leben endlich ist. Und auch in den weiteren 7-Jahres-Phasen, die jeder für sich definieren kann, hat das Leben so viel für uns zu bieten.

Von 56 bis 63 gehen wir beruflich auf die Zielgerade. Wir nutzen unsere Erfahrung, um uns auf hohem Niveau zu halten. Privat erfinden sich jetzt viele Paare neu. Die Kinder haben das Haus verlassen, jetzt sind wir wieder da, wo wir vor vielen Jahren angefangen haben. Manche Beziehungen reifen jetzt zur vollen Blüte – andere enden hier.

Von 63 bis 70 stehen Fragen der Erhaltung der Gesundheit, der Lebensqualität im Mittelpunkt. Sinnfragen sind wichtiger als materielle Fragen, denn wenn wir zu diesem Zeitpunkt unsere finanziellen Herausforderungen, unseren Weg zur finanziellen Unabhängigkeit, noch nicht bewältigt haben, dann wird es schwierig, diese Aufgabe zu lösen. Wir alle wollen, wenn wir gehen, Spuren hinterlassen. Woran soll man sich erinnern, wenn wir einmal nicht mehr da sind? Was soll bleiben? Was sollen unsere Freunde dereinst über uns sagen? Diese Phase ist die Zeit des Loslassens, des Übergebens. An Kinder, an Nachfolger, an die nächste Generation.

Von 70 bis 77 beginnt die Zeit der Altersweisheit. Wir müssen niemandem etwas vormachen. Wir können ganz wir selbst, ganz echt sein. Wenn wir jetzt nicht authentisch sind, wann denn dann? So oft haben wir uns in unserem Leben verbogen, mussten unsere Echtheit, unsere wirklichen Bedürfnisse zurückstellen. So langsam wird es Zeit, die Bucket-List des Lebens wirklich abzuarbeiten und dies auch zu genießen.

Von 77 bis 84 spüren wir das Alt-Werden zunehmend. Wenn aber Ski-Touren, Bergsteigen, Tennis und Golf nicht mehr ganz so gut funktionieren wie früher, so entdecken wir jetzt Qualitäten, die wir vorher nie gesehen haben. Es wäre schön, wenn wir sagen könnten: das Beste kommt zum Schluss!

Und alle diejenigen, die über diese magische Marke von 84 Lebensjahren hinaus körperlich und geistig fit sind, denen kann man nur wünschen, dass sie dieses große Glück in Freude und Dankbarkeit annehmen können.

Unternehmen als Organismen

Was für uns als Menschen in unserem Leben gilt, dies lässt sich wunderbar auch auf unsere Unternehmen übertragen. In unserem Verständnis sind Unternehmen Organismen, Energiesysteme, die sich auch in sieben Jahren erneuern sollten, ja müssen. Wie im Körper und in unserem Geiste ist dies ein permanenter Prozess. Lassen sie es mich festhalten: Strategie, ja das Leben ist kein Projekt, es ist ein Prozess. Rollierend, regelmäßig. Jedes Jahr. Ein Prozess, der sicherstellt, dass wir uns ganz im Sinne von Darwin, dem großen Evolutions-Biologen, immer wieder an die sich verändernden Rahmenbedingungen optimal anpassen. Survival of the fittest: Wer sich anpasst, überlebt! Oder auch: die Evolution ist das Streben der Natur nach vollkommener Anpassung an die sich verändernden Rahmenbedingungen.

Doch wie viele Menschen gibt es, die in dieser komplexen VUCA-Welt (VUCA steht für Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) sieben Jahre überhaupt denken können. Also macht es Sinn, sich die Frage zu stellen: wenn ich/wir in 7 Jahren ein neues Kompetenz-Level erreicht haben wollen, was davon möchte ich in den nächsten 3 Jahren erreichen? In den nächsten 12 Quartalen? Was soll in den nächsten 12 Quartalen an Kompetenzen, an Wissen, an Können, an Fähigkeiten aufgebaut werden? Dies ist die Mittelfrist-Perspektive, die uns hilft, unsere großen Visionen und langfristigen Ziele zu operationalisieren, griffiger zu machen.

Jetzt geht es ans Operative: was von unseren langfristigen Zielen, im Einklang mit unserem Leitbild, soll 2022 erreicht werden? In welchem Quartal? In welchem Monat? An welchem Tag? Denn bei aller Planung: das Leben findet nur jetzt, nur in diesem Moment statt.

7-3-1-heute ist eine Denkhaltung, ein Prozess, kein Projekt. Sie wird regelmäßig, mindestens einmal im Jahr durchexerziert. 7-3-1 ist ein Ritual, das Menschen genau das gibt, was sie in Zeiten starker Veränderung am meisten brauchen: psychologische Sicherheit! Unsere Methodik basiert auf der Grundlage von Eigen-Verantwortung. Auf der Denkhaltung: ich bin der Schöpfer meiner Welt. Und für diese meine Welt übernehme ich die Verantwortung, im Gegenzug erhalte ich Freiheit. Denn jetzt muss ich nicht mehr in der Außenwelt nach dem suchen, wer oder was für mein Schicksal, für meinen Erfolg, für das Erreichen meiner Ziele verantwortlich ist.

Wie Karl Jaspers es formulierte: die Zukunft ist der Raum der Möglichkeiten, der Raum unserer Freiheit. Oder frei nach Albert Einstein: mehr als mit der Vergangenheit beschäftige ich mich mit der Zukunft, denn dies ist die Zeit, in der ich gedenke zu leben.

Autor

Prof. Dr. Arnold Weissman

Gesellschafter
Prof. Dr. Arnold Weissman
Download

Dossier | Strategie in Zeiten der Veränderung

close

Anmeldung zum Download

Weissman Insights

Blog

16.05.2022
Autor Julian Vögele
Lesedauer 7 Minuten

Mehr als ein People-Business! Neues Denken im Vertrieb

Blog

21.01.2021
Autor Tobias Müller
Lesedauer 4 Minuten

Effektives Preis-Controlling im B2B

Blog

16.09.2024
Autor Julian Vögele
Lesedauer 6 Minuten

Vom Commodities-Handel zum Produktgeschäft

Blog

13.09.2019
Autor Prof. Dr. Arnold Weissman
Lesedauer 3 Minuten

Traditionserhaltende Erneuerung in Familienunternehmen

Blog

20.09.2021
Autor Lisa Ahrweiler-Weissman
Lesedauer 5 Minuten

„Wir sind im Moment nur noch reaktiv“

Blog

13.02.2024
Autor Julian Vögele
Lesedauer 6 Minuten

Vom Commodity-Handel zum Geschmacksexperten mit eigenen Produkten

Blog

17.03.2021
Autor Johannes Josnik
Lesedauer 4 Minuten

Ohne Strategie hilft nur Hoffen!

Blog

14.05.2024
Autor Dr. Anna Bähring
Lesedauer 9 Minuten

Personal Branding für Familien­unternehmer

Blog

11.10.2021
Autor Lisa Ahrweiler-Weissman
Lesedauer 4 Minuten

Konflikte am Arbeitsplatz
Ihre ersten Ansprechpartner

Von Anfang an in guten Händen

Portrait Moritz Weissman

Moritz Weissman

Geschäftsführender Gesellschafter
CIE_Ansprechpartner_Alexander-Koch

Dr. Alexander Koch

Geschäftsführender Gesellschafter
CIE_Ansprechpartner_Johannes-Josnik

Johannes Josnik

Geschäftsführender Gesellschafter
top-arrow