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Blog-Artikel

Erfolgsgeheimnis Familienstrategie

Wie Unternehmerfamilien stark bleiben

Moritz Weissman | Erfolgsgeheimnis Familienstrategie
Moritz Weissman | Erfolgsgeheimnis Familienstrategie

In Familienunternehmen ist die Unternehmerfamilie Fluch und Segen zugleich. Manchmal muss man sogar sagen: „Erfolgreich trotz Familie“. Fakt ist: In einem Familienunternehmen ergeben Liebe, Geld und Geltungsbedürfnis oft eine explosive Mischung. Rivalitäten zwischen Geschwistern, Generationen oder zwischen tätigen und nichttätigen Gesellschaftern sind keine Seltenheit. Erwartungen, Ziele und Handlungsrahmen der Familienmitglieder im Unternehmenskontext sind oft unklar und selten transparent kommuniziert.

Der Mehrwert einer klaren Unternehmensstrategie als Erfolgsfaktor für ein gut geführtes Unternehmen ist unbestritten. Dass aber die Unternehmerfamilie für die erfolgreiche und professionelle Führung ihres Familienunternehmens auch eine Familienstrategie haben sollte, wird häufig unterschätzt. Denn unabhängig davon, ob bereits Konflikte innerhalb der Familie bestehen, hilft eine gute Familienstrategie,

  • ein Fundament für die Familie auf Basis der gemeinsamen Interessen, Ziele und der Grundüberzeugungen zu definieren,
  • eine gemeinsame Sicht auf die Anforderungen und Besetzung der verschiedenen Rollen in der Familie und im Unternehmen zu entwickeln,
  • alle Optionen und Entscheidungen für ein klares, abgestimmtes und zum Unternehmen passendes Konzept zur Eigentums- und Führungsnachfolge zu bewerten,
  • einen klaren Zeitplan für den Einstieg der Nachfolger-Generation und das Ausscheiden der Übergeber-Generation zu erstellen,
  • frühzeitig potenzielle Spannungsfelder zu klären und familiäre Störfaktoren für das Unternehmen zu vermeiden und
  • die „Harmonie“ im Gesellschafter- und Geschäftsführungskreis durch gemeinsame Regeln zu sichern bzw. wieder herzustellen.

Was uns dabei immer wieder auffällt: Das Thema ist nie dringend, bis es zu spät ist. Die erfolgreichen Familienunternehmen erkennen das und gehen auch schwierige Fragen proaktiv an – als wesentlicher Faktor für Stabilität und den langfristigen Erfolg ihres Familienunternehmens.

Kernelemente einer fundierten Familienstrategie 

Bei erfolgreichen Familienunternehmen und den erfolgreichen Nachfolgern erleben wir häufig, dass es – z.B. eben im Rahmen der Erarbeitung einer Familienstrategie – im Vorfeld des Generationenwechsels eine lange und intensive Diskussion und Reflektion zu den fundamentalen Fragen gibt. Möglicherweise unangenehme Fragen werden thematisiert, kritische Denkprozesse werden angestoßen und dann werden – im Bewusstsein der Auswirkungen – klare Entscheidungen getroffen. Umgekehrt erleben wir auch immer wieder, dass Familien über diesen Schritt der expliziten Klärungen hinweg gehen. Denn „bei uns ist das alles ganz klar“ – bis zur ersten Belastungsprobe, bei der sich zeigt, dass vieles eben doch nicht klar war.

Wenn man sich die Elemente von erfolgreichen Familienstrategien ansieht, dann landet man im Wesentlichen bei vier Themenfeldern: dem Selbstverständnis als Unternehmerfamilie, dem Verhältnis von Unternehmen und Familie, dem Umgang miteinander – in guten wie in schlechten Zeiten – und der Frage, wie man das, was sich die Familie gemeinsam ausdenkt, auch in die Praxis umsetzt und einhält.

Selbstverständnis als Unternehmerfamilie

Wie jedes Unternehmen hat auch jede Familie eine unterschiedliche Ausgangssituation, z.B. Historie des Unternehmens, Werte und Ziele der Familie, Anzahl an Familienmitgliedern als Eigentümer sowie Führungskräfte und viele weitere Faktoren, die berücksichtigt werden müssen, wenn man die Dynamik einer Unternehmerfamilie verstehen und eine auf die individuelle Familie zugeschnittene Strategie entwickeln möchte.

Klingt einfacher als es in der Praxis ist. Folgende Leitfragen zum Selbstverständnis als Unternehmerfamilie sollten sich Familienunternehmer stellen: Was bedeutet es für uns, ein Familienunternehmen zu sein und wieso ist das wichtig für unser Selbstverständnis als Unternehmerfamilie? Wieso möchte ich unternehmerisch tätig sein? Weiß ich, was damit alles einhergeht? Wer ist überhaupt Teil unserer Unternehmerfamilie? Wer spricht mit, entscheidet und darf/soll aktiv mitarbeiten? Nur aktiv im Unternehmen tätige Familienmitglieder, alle Kinder, Ehepartner, etc.? Was ist uns als Familie wichtig und was hält uns zusammen? Wie gehen wir mit Familienmitgliedern um, die sich für den Ausstieg aus dem Unternehmen entschieden haben? 

In dieser Phase wird die Handlungsfähigkeit der Unternehmerfamilie definiert und das Fundament für die Familienstrategie gelegt.

Verhältnis von Unternehmen und Familie

„Gute Rechnung, gute Freundschaft“ – das gilt auch in Familienunternehmen. Was altbacken klingt, ist in gut geführten Familienunternehmen aber selbstverständlich. Trotz all der Emotionalität die aufkommen kann, wenn Familienmitglieder miteinander arbeiten, haben erfolgreiche Familienunternehmen das Verhältnis von Familienunternehmen und Unternehmerfamilie im Rahmen ihrer Familienstrategie klar geregelt. Der Generationswechsel ist und bleibt jedoch ein kritischer Punkt: Ein gut geplanter Nachfolge-Prozess stellt sicher, dass das Unternehmen nahtlos in die Hände der nächsten Generation übergeht. Dazu müssen sich sowohl Übergeber-Generation als auch die Nachfolger ein paar (ggf. unangenehme) Fragen stellen und klare Antworten festlegen.

Folgende vier „Sprengstoff-Themen“ fallen dabei immer wieder auf:

Wann ist eigentlich genau der „Generationenwechsel“? Der Zeitpunkt und die Funktion des Einstiegs der nachfolgenden Generation (vom Praktikanten bis hin zur direkten Geschäftsführung ist immer wieder alles dabei) als auch der Ausstieg der jetzigen Generation (mit einem klaren, kommunizierten Zeitpunkt und einer sauberen Aufgabenübergabe) müssen definiert sein. Häufig vermeiden die Beteiligten eine klare Aussage, die man von angestellten Mitarbeitern/Geschäftsführern jedoch immer einfordern würde. Dies kann schnell zur Frustration der Nachfolger (wenn keine Verantwortung übernommen werden darf), Unsicherheit der Mitarbeiter („Wer ist denn jetzt eigentlich Chef?“) oder auch Streit innerhalb der Familie führen, wenn wechselseitige, unausgesprochene Erwartungen nicht erfüllt werden.

Die Mitarbeit von Familienmitgliedern im Unternehmen sollte klar geregelt sein. Klingt banal, aber viele Unternehmen haben hier kein klares Konzept, wer im Unternehmen operativ tätig sein darf und auf welchen Hierarchiestufen. Relevante Fragen zum Thema Mitarbeit sind u.a.: Wollen wir, dass unsere Ehepartner im Unternehmen operativ tätig sein dürfen? Lassen wir die Mitarbeit von Familienmitgliedern auf allen Hierarchiestufen im Unternehmen zu oder nur auf Führungsebene? Was machen wir mit Familienmitgliedern, die in ihrem Job nicht erfolgreich sind?

Auch die Eigentumsstruktur und Anteilsvergabe ist ein essenzieller Aspekt: Wer soll Anteile bekommen, wann und wie viele? Nur die Nachfolger, die im Unternehmen mitarbeiten – oder alle zu gleichen Teilen? Klare Regelungen zur Vererbung und Veräußerung von Anteilen verhindern Konflikte, schaffen Planbarkeit und sorgen für Stabilität.

Nicht zuletzt sollte eine durchdachte Ausschüttungspolitik und Vermögensstrategie vorhanden sein, die einerseits zur Unternehmensstrategie passt und sicherstellt, dass genügend Kapital im Unternehmen für Investitionen verbleibt, die aber auch das Auskommen der Familie sichert.

Umgang miteinander

„Wenn wir diskutieren, geht es rein um die Sache“, so kürzlich der Satz in einer Gesellschafterrunde, der wir beiwohnen durften, obwohl offensichtlich war, dass es in dem einen oder anderen Teilnehmer innerlich brodelte, während sich die anderen lautstark anschrien. Ein respektvoller und offener Umgang miteinander ist als wichtiges Fundament in vielen Unternehmerfamilien häufig nicht gegeben, weil die Rollen verschwimmen und dies automatisch Emotionen triggert.

Entscheidend sind das Verständnis und die Akzeptanz, welchen „Hut“ ich gerade aufhabe. Agiere ich als Gesellschafter, als Familienmitglied oder in meiner operativen Rolle? Die Vermischung der Rollen führt häufig zu Missverständnissen: So sehr ich mich auf die Sache fokussieren möchte: es schwingt immer etwas mit, wenn z.B. der große dem kleinen Bruder mitteilt, dass er mit seiner Arbeitsleistung unzufrieden ist.

Information, Kommunikation und Verhalten spielen dabei eine Schlüsselrolle: Regelmäßige und klare Kommunikation fördert das Verständnis und minimiert Missverständnisse. Aber wer hat überhaupt das „Recht“, Informationen zu erhalten? Und wer darf und soll sich in Diskussionen einbringen? Banale Fragen, die häufig nicht geklärt sind. Dadurch entstehen Missverständnisse, weil Familienmitglieder aus diesem „Status“, eben Mitglied der Unternehmerfamilie zu sein, gewisse Rechte ableiten, was häufig dafür sorgt, dass es knirscht.

Eine effektive Konfliktbewältigung ist unerlässlich, um Spannungen und Streitigkeiten schnell und nachhaltig zu lösen. Denn selbst wenn es vordergründig „rein um die Sache geht“, schwingt in Familienunternehmen durch die Vermischung der Rollen die Emotionalität immer mit. Oft reichen Konflikte Generationen zurück. Auch wenn nicht alle Konflikte immer lösbar sind, ist es wichtig, diesen Raum zu geben und einen konstruktiven Umgang mit ihnen zu finden.

In unserer täglichen Arbeit mit Familienunternehmen sind die Dinge von außen und objektiv häufig ganz klar – zu oft jedoch legt sich in Unternehmerfamilien entweder eine Kultur des Schweigens über unausgesprochene, aber Allen bewusste Unstimmigkeiten. Diskussionsversuche werden bewusst mit autoritären Aussagen abgebügelt. Um aber die Stärke und Vielfalt von Meinungen und Ideen nutzen zu können und sich auch bei schwierigen Themen den Zusammenhalt zu bewahren, braucht es klare, gemeinsam geteilte Verhaltens- und Kommunikationsziele.

Auf die Umsetzung kommt es an

Die beste Familienstrategie ist nur so gut wie ihre Umsetzung. Die erarbeiteten Inhalte klingen immer logisch und entsprechend wird für die Umsetzung meistens kein großes Problem gesehen. Dennoch versandet häufig die Euphorie, weil die Themen sich dann doch „hart“ anfühlen, es einfach Themen sind, z.B. rechtliche und steuerliche, auf die keiner Lust hat, oder weil dann doch die Notwendigkeit nicht gesehen wird, weil sich „die Familie ja eh so gut versteht“. Umso wichtiger, dass die Umsetzung mit der gleichen Euphorie und Disziplin angegangen wird wie die Konzeption.

Dazu gehört die Besetzung der Steuerungs- und Führungsorgane mit qualifizierten Personen, die die Vision und Ziele der Unternehmerfamilie vorantreiben. Wenn es sich dabei um Familienmitglieder handelt, dann müssen diese die gleichen Anforderungen erfüllen wie Externe.

Der Aufbau von Gesellschafterkompetenz ist ein weiterer wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass alle Familienmitglieder ihre Rolle und Verantwortung verstehen und effektiv ausüben können. Auch nicht operativ tätige Gesellschafter brauchen ein Mindestmaß an Verständnis, um ihrer Rolle gerecht zu werden. Je früher mit der Ausbildung von Gesellschafterkompetenzen in der Nachfolgergeneration begonnen wird, desto stärker ist oft die Identifikation mit dem Unternehmen und die Begeisterung für die zukünftige Eigentümerrolle.

Schließlich muss die juristische und faktische Umsetzung der Strategien und Maßnahmen gewährleistet sein, damit diese auch tatsächlich in Kraft treten und ihre Wirkung entfalten können. Sachlich nicht besonders kompliziert, aber emotional dennoch häufig schwierig, weil die Beschlüsse dann „schwarz auf weiß“ sind und damit verbindlich.

Fazit

Es ist banal und dennoch richtig: die Themen rund um Erwartungen, Ziele und Handlungsrahmen der Unternehmerfamilie lassen sich leicht lösen, wenn man sie frühzeitig und konsequent angeht. Dies erfordert jedoch Mut, Offenheit und die Bereitschaft, auch unangenehme Themen anzusprechen. Eine gut durchdachte und umgesetzte Familienstrategie ist nicht nur ein Schutzschild gegen potenzielle Konflikte, sondern auch ein Erfolgsfaktor, der den langfristigen Bestand des Unternehmens sichert. Letztendlich ist es die gemeinsame Verantwortung der Familienmitglieder, die Zukunft des Unternehmens und der Familie aktiv zu gestalten.

Erschienen in: DIE NEWS 12/2024

Autor

Moritz Weissman

Geschäftsführender Gesellschafter
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