In den zurückliegenden Jahren sind in vielen Unternehmen verworrene Rabattsysteme entstanden. Was gut gedacht war, hat meist über die Zeit den Fokus verloren. Hinzu kommt, dass die neue Zeit nach neuen Rabattmodellen verlangt. Die aktuelle Krisenzeit ist eine Chance um dieses Wirrwarr zu entzerren und ein zukunftsfähiges Rabattsystem zu entwickeln.
Haben Sie noch ein Rabattsystem?
Die meisten Vertriebsleute im B2B-Bereich kennen das Spiel: mindestens einmal im Jahr wird man bei den wichtigsten Kunden zu den Konditionenverhandlungen vorstellig. Der Vertrieb versucht Bruttopreiserhöhungen durchzusetzen und selbstverständlich erwarten Kunden einen gewissen Nachlass darauf. Mit etwas Glück findet sich ein passendes Instrument im eigenen Konditionensystem für diesen Preisnachlass.
In vielen Fällen fehlt jedoch die inhaltliche Grundlage. Sprich: der Kunde erfüllt schlichtweg nicht die Voraussetzungen für bestehende Rabatte. Verlieren will man den Kunden aber nicht, also wird flugs ein neues Rabattelement entworfen. Bekannt sind auch die Fälle in denen Rabattelemente bei jedem Kunden einen anderen Namen tragen. Warum? Weil sich der Vertrieb an den vorgesehenen Rabatten im System des Einkaufs des Kunden orientiert und nicht die Verhandlungsmacht entwickelt, die eigenen Rabattelemente durchzusetzen. Der Anschlussfehler der dann gemacht wird ist, diese Namen in das eigene System zu übernehmen. So sieht man in der B2B-Praxis nicht selten große Mengen an Rabattelementen in den Transaktionsdaten, von denen viele die gleiche Begründung haben oder – schlimmer noch – deren Begründung gar nicht mehr bekannt ist. Auf dieser Basis eine eigene Preisstrategie durchzusetzen ist unmöglich. Diese Entwicklung ist im Tagesgeschäft ein Stück weit normal – es lässt sich nun mal nicht jede Verhandlungssituation in ein System pressen.
Jedoch verfolgen Rabattsysteme in aller Regel ein durchdachtes Ziel. Und so gerät mit zunehmendem Rabattwirrwarr auch das Ziel aus dem Fokus bis schließlich nicht mehr von einer Preisstrategie gesprochen werden kann.
Wie können Rabatte entwirrt werden?
Zur Entwirrung vorhandener Rabatte und nachgelagerter Konditionen wie Boni oder Rückvergütungen sollte zunächst eine sehr saubere Analyse des Status Quo stattfinden. Hierbei ist es das Ziel sowohl die Volumina aller verwendeten Elemente als auch die Häufigkeit und die Nutzungsgründe transparent zu machen. Darauf aufbauend sollten die Hintergründe und Auswirkungen der verschiedenen Rabatt- und Bonuselemente verstanden werden. Zur Darstellung wird hierfür der Preiswasserfall genutzt, in dem das Volumen jedes einzelnen Elements offengelegt wird.
Oftmals ist allein die grafische Darstellung ein Augenöffner. Die Verwunderung über die Anzahl der Elemente und deren Auswirkung auf die Preisreduktion ist oft groß. Hinzu kommt, dass keineswegs immer alle Elemente in den Systemen einfach zu erkennen sind. Nicht selten bleibt eine mehr oder weniger große Blackbox, die einer Detailanalyse bedarf. Vor allem in Unternehmen, die in der Vergangenheit selten oder sogar noch nie ein Projekt zur systematischen Optimierung ihresPreismanagements durchgeführt haben, zeigen sich große Unzulänglichkeiten in den Instrumenten der Datenerfassung und des Preis-Controllings.
Im Ergebnis der Preiswasserfall-Analyse erkennt man, welche Konditionenelemente zusammengeführt werden sollten und welche inhaltlich anzupassen sind. Hierbei ist es entscheidend wichtig, über eine klare Strategie zu verfügen. Alle Konditionenelemente sollten im Idealfall das Ziel haben, das Kundenverhalten in einer für das Unternehmen zielführenden Weise zu steuern. Hierfür muss aber die Zielsetzung bekannt sein.
Ein einfaches Beispiel ist der beliebte Mengenrabatt. Er führt, richtig ausgestaltet, zu einer höheren durchschnittlichen Menge pro Auftrag. Ob dieses Ziel sinnvoll für das Unternehmen ist, hängt aber von Logistik und Handlungsaufwänden ebenso ab, wie von der Marktposition. Werden durch „mehr Menge pro Auftrag“ Wettbewerbsprodukte verdrängt oder nur Absatz der ohnehin kommen würde, günstiger verkauft? Führt der Mengenrabatt nur zu einer vorgezogenen Bestellung der gleichen Ge-samtmenge ohne signifikante Kosteneinsparungen, wirkt er letztlich wie ein Geldgeschenk an Kunden, die ohnehin kaufen. Leider erleben wir in der Praxis sehr häufig, dass über die steuernde Wirkung der Rabattelemente viel zu selten ausreichend nachgedacht wird.
Warum ist jetzt eine gute Zeit Konditionen zu entwirren?
Rabatte sind, ausgenommen sogenannte Grundrabatte, in der Regel an Bedingungen geknüpft. Diese Bedingungen wurden unter den Vorzeichen der alten Welt formuliert. Aber 2020 verlief völlig anders als zu erwarten war – sowohl für Anbieter als auch für Kunden. Entsprechend haben vieleKonditionenelemente in diesem Jahr nicht sinnvoll gegriffen und andere Aspekte, die man in den Verhandlungen vorab nicht erwarten konnte, wurden im Jahresverlauf relevant. Somit ergibt sich die große Notwendigkeit mit Kunden alle Rabatte, Boni und sonstigen Konditionenelemente zu überprüfen. Diese grundsätzliche Diskussion sollte genutzt werden um alte Zöpfe abzuschneiden. Es können Punkte verhandelt werden, die lange Zeit als unantastbar galten. Die Krise bietet in vielen Bereichen eine Chance auf einen Neuanfang; das gilt auch für die Konditionen.
Es geht dabei weniger darum, Nachlass zu kürzen, also Netto-Preise zu erhöhen. In erster Linie soll wieder Klarheit hergestellt werden, welche Rabatte Gültigkeit haben und wozu sie dienen. Hierbei können bei einzelnen Kunden verschiedene Elemente zusammengefasst werden und kundenübergreifend Elemente integriert werden. Das alles dient in erster Linie der Transparenz und einem vereinfachten Preis-Controlling.
Warum braucht es zusätzlich ein Update des Konditionensystems?
Die Konditionensysteme, in denen B2B-Unternehmen heute arbeiten, stammen aus einer Welt, die von weitgehender wirtschaftlicher Stabilität und mehr oder weniger kontinuierlicher Aufwärtsentwicklung geprägt waren. Bonusvereinbarungen waren auf Jahre angelegt, weil das Wachstum planbar war und gemeinsame Pläne auch über längere Zeiträume durchgehalten werden konnten. Der wirtschaftliche Verlauf in 2021 ist jedoch deutlich weniger planbar als in den Vorjahren. Und auch für die nächsten Jahre wird man mit einer weiter erhöhten Veränderungsdynamik rechnen müssen. Dahingehend sollten Unternehmen ihre Konditionensysteme überprüfen.
Wenn die Rahmenbedingungen unplanbarer werden, sollte das seinen Niederschlag in den Konditionensystemen finden, indem diese transparenter und einfacher werden und externe Faktoren stärker berücksichtigen. Nachfragende Unternehmen im B2B suchen in den nächsten Jahren noch stärker als in der Vergangenheit Sicherheit, klare Richtlinien und klare Wenn-dann-Beziehungen. Anbieter wollen sich jedoch verstärkt gegen Unwägbarkeiten in der eigenen Lieferkette (bspw. volatile Rohstoffpreise) absichern und daraus entstehende Risiken zumindest in Teilen an den Markt weitergeben. Aus dieser Ambivalenz entsteht die Notwendigkeit, die verwendeten Konditionen und Preis-Controlling-Instrumente fundiert zu prüfen und einem grundlegenden Update zu unterziehen.