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Mit Strategie in die Zukunft

Strategieentwicklung für Familienunternehmen – nachhaltig und zukunftsfähig

Johannes Josnik | Strategieentwicklung für Familienunternehmen
Johannes Josnik | Strategieentwicklung für Familienunternehmen

Themen in diesem Artikel

In einer Welt, in der Wandel, Unsicherheit & Komplexität eine immer größere Rolle spielen, sollten Unternehmen wissen, was heute zu tun ist, um morgen und übermorgen erfolgreich zu sein. Um mit Voraussicht und Klarheit agieren zu können, gilt es heute eine langfristig ausgelegte Strategie zu entwickeln. Doch wie können wir ein genaues Ziel definieren, wenn sich die eigenen Rahmenbedingungen ständig ändern? Unternehmer und Manager verzichten aus dieser Unsicherheit heraus häufig auf eine Strategie oder geben dem Thema Strategie nicht den notwendigen Stellenwert. Doch gerade diese unbeständigen Marktverhältnisse verlangen umso mehr nach einem dynamischen und starken strategischen Rahmen. Hierfür bedarf es einer zeitgemäßen Denkens- und Vorgehensweise. Mangelt es an Fokus und methodischem Wissen für einen Strategieprozess, wird dieser scheitern, noch bevor die Strategieumsetzung beginnen kann. Somit ist eine klare Strategie für zukünftigen Erfolg unerlässlich und ebnet den Übergang von einem reaktiven zu einem gestaltenden und aktiven Marktauftritt. Was ist für einen solchen Entwicklungsprozess ausschlaggebend?

Die Bestandsaufnahme als Ausgangsbasis

Die Basis für eine fundierte und zukunftsfähige Strategie ist es, zu verstehen wo das Unternehmen heute steht. Um genau diese Absprungbasis herzustellen, hilft eine strategische Bestandsaufnahme. Hierzu gehört zum einen eine Umfeldanalyse, in der die Zielgruppen und Kundenbedürfnisse identifiziert, sowie die Konkurrenzsituation und Stakeholder analysiert werden. Zum anderen wird eine Eigenanalyse durchgeführt. Durch eine Analyse der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken des eigenen Unternehmens, werden Kernkompetenzen und Handlungsfelder ermittelt. Um die Unternehmenskultur näher zu betrachten, werden ausgewählte Unterlagen des Unternehmens, wie beispielweise langfristige Unternehmensziele, oder bestehende Leitbilder einzelner Unternehmensbereiche, gesichtet und in die Bewertung miteingebracht. Qualifizierte Experteninterviews mit ausgewählten Mitarbeitern, hierzu gehören die Geschäftsleitung sowie weitere ausgewählte Führungskräfte, sorgen dafür, Betroffene zu Beteiligten zu machen und helfen Erwartungen und Anforderungen an die Strategie für das Unternehmen zu identifizieren. Am Ende dieses ersten Prozessschritts liegt ein klares Bild über den Status quo vor.    

Dadurch sind die Anforderungen und Grundlagen für das künftige Leitbild und der weiteren Strategiearbeit geschaffen. Wichtig hierbei ist es, das nötige Maß an Granularität zu finden. Viele Unternehmen neigen in dieser Phase dazu, zu tief in Analysen einsteigen zu wollen. Sinn und Zweck der Bestandsaufnahme ist es aber gerade nicht, sich in Details zu verlieren.  

Unternehmensleitbild

Der nächste Schritt zu einer zukunftsgerichteten Strategie ist die Entwicklung eines Leitbilds für das Unternehmen. Ein Unternehmensleitbild, aufbauend auf einem internen Wertesystem, bestehend aus Vision und Mission ist wichtig, um gemeinsame unternehmerische Ziele zu setzen, diese zu leben und allen Mitarbeitern zu vermitteln. Hierbei setzt sich das Wertesystem eines Unternehmens zusammen aus genau den Werten, die ein Unternehmen vertritt, den Werten der Zusammenarbeit und den Werten, die für die Zukunft von entscheidender Bedeutung sind. Die Vision stellt ein strategisches Zielbild des Wunschzustands der Organisation in der Zukunft dar, während die Mission die externe Sicht einnimmt und zeigt, welchen Beitrag das Unternehmen der Außenwelt bietet.  An der Erarbeitung des Unternehmensleitbilds, welches diese drei Bereiche in Einklang bringt und miteinander vereint, sollten alle Geschäftseinheiten beteiligt sein, um so maximale Akzeptanz zu erreichen und ein Leitbild zu generieren, das perfekt auf das Unternehmen im gesamten zutrifft. Dieses Leitbild regelmäßig zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen, stellt sicher, dass das Unternehmen erfolgreich und zukunftsfähig ausgerichtet ist. Ein gemeinsam erarbeitetes Leitbild erhöht die Motivation und Produktivität im Unternehmen, gibt eine gemeinsame Marschrichtung vor und bildet die Basis einer gemeinsamen Strategieentwicklung.

Die Brauerei Maisel bietet ein Beispiel für ein solches, gemeinsam erarbeitetes, Leitbild, das lautet: „Wir sind 2030 ein erfolgreiches Familienunternehmen mit mind. 200 Mitarbeitern. Maisel ist der anerkannte Brauer außergewöhnlicher Bierspezialitäten und Bayreuth ist die Heimat erlebbarer, handwerklicher Braukultur. Ausgangspunkt dafür ist der hervorragende Ruf unserer Maisel‘s Weissbier Speziali-täten. Das erreichen wir, weil wir mit Überzeugung und Spaß unsere Werte leben.“ Dieses Unternehmensleitbild bietet die Basis für die Konkretisierung des langfristigen und nachhaltigen Strategieziels.  

Das 7-3-1-Prinzip

Nachdem das Unternehmensleitbild erstellt ist, geht es an die Entwicklung der strategischen Leitplanken an sich. „Was müssen wir heute tun, um langfristig profitabel zu wachsen?“ Beim 7-3-1-Prinzip wird zunächst die langfristige Perspektive des strategischen Rahmens (7 Jahre) festgelegt. Das heißt, dass aus der Vision, die das Zielbild abstrakt wiedergibt, nun der konkrete langfristige strategische Rahmen abgeleitet wird. Mit dem „Wurf nach vorne“ ans Ziel gilt es herauszuarbeiten was heute getan werden muss, um langfristig erfolgreich zu sein. Mit „erfolgreich sein“ können auch konkrete Ziele, wie „profitabel sein“ oder „wachsen“, gemeint sein. Die Handlungen leiten sich hier aus den strategischen Zielen ab.

Aus diesem langfristigen Zielbild werden die wesentlichen Zwischenschritte und Meilensteine zur Zielerreichung auf einen mittelfristigen Zeitraum (3 Jahre) heruntergebrochen. Es gilt Folgendes zu beantworten: Was müssen wir in den nächsten drei Jahren umsetzen und realisieren, um das langfristige Ziel zu erreichen? Mittelfristige Ziele sind konkreter und häufig quantitativ. Zudem betreffen sie alle relevanten Bereiche des Unternehmens, wie das Ökosystem, Innovation und Produktentwicklung, Produktion und Vertrieb, Kultur, Organisation, Prozesse und Personal. So können Meilensteine für die jeweiligen Bereiche festgelegt werden, die es zu erreichen gilt.  

Diese Zwischenschritte und Meilensteine wiederum bilden die Grundlage, die kurzfristig umzusetzenden Aktivitäten (1 Jahr) für die laufende, operative Strategieumsetzung zu planen. Wo stehen wir nächstes Jahr? Hier werden konkrete Aktivitäten definiert und durchgeführt, die im Hier und Jetzt gebraucht werden, um die Meilensteine zu erreichen.

Der langfristige strategische Rahmen der Brauerei Maisel, der auf 7 Jahre ausgelegt ist, wird wie folgt beschrieben: „Wir wollen nachhaltig profitabel, mit vertretbarem Risiko, gesund wachsen.“ Die Vision von Maisel ist der Erhalt des Unternehmens als unabhängiges Familienunternehmen. Das Gleichgewicht aus Rendite, Wachstum und Risiko ist dafür unabdingbar. Der größte Hebel liegt in einer Steigerung der Umsatzrendite. Hieraus werden mittelfristige Meilensteine (3 Jahre) für alle beteiligten Unternehmensbereiche, wie beispielsweise den „Ausbau des Exports“ und eine „überregionale Markteinführung“, abgeleitet. Dadurch ergeben sich die kurzfristig umzusetzenden Aktivitäten (1 Jahr), wie „die Positionierung an neuen Märkten“, ein „neues Preis- und Konditionssystem“, eine „Steigerung des Marktanteils“, sowie die „Verbesserung der Produktivität der Distributionsflächen“. Alle Punkte werden dann, soweit möglich quantifiziert und in einem vernetzten Masterplan zusammengeführt. Dieser ist auch die Basis für die Umsetzung. Um die inhaltliche Umsetzung der Strategie im Unternehmen sicherzustellen, sollte der Abschluss des Strategieprojekts auch der Startschuss der Umsetzung der strategischen Inhalte sein. Im ersten Schritt ist die transparente Kommunikation des strategischen Konzepts im Unternehmen unerlässlich. Die Strategie sollte hier in handhabbare, möglichst konkrete Umsetzungsprojekte heruntergebrochen werden.  

Starke Umsetzung und agile Methoden

Um langfristig sicherzustellen, dass die erarbeitete Strategie im gesamten Unternehmen verankert wird, Relevanz zeigt und real wird, werden die drei Perioden des 7-3-1-Prinzips jährlich um jeweils ein Jahr fortgeschrieben. Konkret bedeutet das, dass Strategie etwas „Normales“, wie etwa die Finanzplanung werden muss. Auf diese Weise wird garantiert, dass veränderte Rahmenbedingungen und Reaktionen vom Markt kontinuierlich in die Strategiegestaltung einbezogen werden können. Durch diese agile Methodik wird Strategie lebendig, zum Bestandteil der täglichen Arbeit und wirkt nicht länger abstrakt, sondern wie „täglich Brot“. Structure follows strategy. Anders als häufig kommuniziert folgt die Organisation der Strategie und nicht umgekehrt, wenn ein Unternehmen erfolgreich agieren möchte.  

Der neue strategische Rahmen wird analysiert, verschiedene Optionen zeigen verschiedene Handlungsalternativen, eine Priorisierung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten werden festgelegt. Hierfür kann es ein Ansatz sein, in gewissen Bereichen des Unternehmens agile Modelle der Selbstüberprüfung und Organisation einzusetzen. Dies kann vor allem in Unternehmensbereichen sinnvoll sein, die mit agilen und unvorhersehbaren Aufgaben arbeiten. Diese Methode setzt bei Mitarbeitern ein hohes Maß an Vertrauen und Offenheit voraus, kann für bestimmte Teams und Mitarbeiter aber eine neue, attraktive Entwicklungszone bilden und so die Unternehmenskultur nachhaltig verändern.

OKRs (Objectives and Key Results) stellen eine solche agile Methode dar. Hier wird ein Zwischenziel klar und prägnant definiert, z.B. „Unsere Kunden lieben unser Kundenservice-Team“. Diese Objectives sind häufig quantitativ und ambitioniert und geben so eine klare Richtung vor. Dazu gehören circa drei bis fünf Key Results, gemeint sind angestrebte Ereignisse, die zeigen, ob und wie schnell das Ziel erreicht wird. Diese sind messbar, herausfordernd und können als Feedback-Mechanismus genutzt werden. Diese könnten dem Objective zu Folge lauten:

  1. Wir steigern die Kundenzufriedenheit von 90 % auf ≥ 95 %.
  2. Wir reduzieren die durchschnittliche Reaktionszeit (Antwort) bei Kundenanfragen auf max. 1 Stunde.
  3. Wir bieten Kunden eine Lösung für ihr Anliegen innerhalb von max. 24 Stunden.  

Es macht oftmals Sinn, ein auf die aktuelle Zeit angepasstes Projektmanagement zu etablieren und agile Elemente zu ergänzen, wenn diese auch passend sind, um so ein Unternehmen an neue Prozesse heranzuführen. Dabei empfiehlt es sich ein PMO (ProjektmanagementOffice) zu etablieren, um gerade zu Beginn durch externe Begleitung die Kompetenz und das Know-how intern aufbauen zu können. Dieser Prozess muss moderiert geführt werden.  

Fazit

Hinter einer Strategieentwicklung steckt mehr als nur ein einziges Zielbild. Mit einer Leitbildentwicklung, dem richtigen Wertesystem, Vision und Mission wird das gesamte Unternehmen miteinbezogen und nur so kann eine Strategie erfolgreich implementiert und umgesetzt werden. Bei der Strategieentwicklung ist es wichtig, langfristig zu planen und das Feld „von hinten aufzurollen“. Aus dem langfristigen strategischen Ziel sollen also zunächst mittelfristige Meilensteine und daraus die heutigen Aktivitäten abgeleitet werden. Das volatile Umfeld und die zunehmende Dynamik in der heutigen Welt stellen für viele Unternehmen eine Schwierigkeit dar, die individuellen Vorgänge auf die jeweilige Organisation zu adaptieren. Um dies zu gewährleisten, muss der Umsetzungsprozess unterstützt und agile Methoden implementiert werden.    

Wie das geht, hat die Brauerei Maisel vorgemacht. Nach der Bestandsaufnahme wurde ein gemeinsames Unternehmensleitbild entwickelt. Anschließend wurde diese Vision im 7-3-1-Prinzip der Strategieentwicklung konkretisiert. Ein übergeordnetes, langfristiges Ziel (7 Jahre) wurde definiert, mittelfristige Meilensteine (3 Jahre) abgeleitet und konkrete Handlungsempfehlungen und Aktivitäten (1 Jahr) geplant und implementiert. Durch agile Methoden wurde die Strategie in den Alltag des Unternehmens integriert und erfolgreich umgesetzt. Die Ergebnisse und der Erfolg geben ihnen recht; trotz des schwierigen Markts, in dem einige Brauereien ihre Selbstständigkeit bereits aufgeben mussten, ist die Brauerei Maisel als einer der größten deutschen Weißbierhersteller extrem erfolgreich. 

Autor

Johannes Josnik

Geschäftsführender Gesellschafter
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