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Blog-Artikel

Wie eine zukunftsweisende Wettbewerbskraft sogar einen Warenhausriesen niederstreckt

Markttransformation als Einflussgröße auf die Branchenstruktur

Johannes Josnik | Markttransformation als zukunftsweisende Wettbewerbskraft
Johannes Josnik | Markttransformation als zukunftsweisende Wettbewerbskraft

Themen in diesem Artikel

Porters Theorie der fünf Wettbewerbskräfte, in Managerkreisen oft auch als Fünf-Kräfte-Modell oder Five Forces-Analyse bekannt, wird seit fast 30 Jahren als Herzstück der Methoden zur Branchenstrukturanalyse gesehen. Eine Branchenstrukturanalyse untersucht mit einer ausgewählten Methodik die Einflussfaktoren auf die Profitabilität im Marktwettbewerb. Doch ist Porters Modell noch zeitgemäß oder haben sich die Anforderungen gewandelt? Ist vielleicht eine sechste Kraft am Entstehen? Am aktuellen Fall der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof sieht man den schleichenden Niedergang des Kauf- und Warenhäusermarktes in seiner ursprünglichen Form. Aber warum spielt dieser konkrete Fall eine wichtige Rolle zur Erklärung einer zukunftsweisenden Wettbewerbskraft?

In der theoretischen Organisationslehre existieren evolutionstheoretische Ansätze zur natürlichen Selektion von Organisationen im Markt. Doch wie können Unternehmen wie beispielsweise die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof ihre natürliche Auslese im Markt beeinflussen und eventuell sogar verhindern? Das entscheidende Schlagwort ist hier die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen. Durch geschickte Anpassungsfähigkeit kann ein Unternehmen sein Überleben im Markt bestimmen. Die entscheidende Frage ist aber doch eher: Warum muss sich ein Warenhausriese wie Galeria anpassen? Ganz einfach, durch die Transformation des gesamten Kauf- und Warenhäusermarktes wird Galeria dazu gezwungen. Passt sich der Warenhausriese den Marktgegebenheiten wie oben beschrieben nicht an, dann tritt die natürliche Auslese ein und Galeria wird nicht überleben. Im Folgenden wird die Wettbewerbskraft der politischen und sozial-ökonomischen Markttransformation näher betrachtet und ein an die heutige Zeit angepasstes Sechs-Kräfte-Modell des Marktwettbewerbs vorgestellt.  

Die fünf Wettbewerbskräfte nach Porter

Michael E. Porter, Professor an der Harvard University, zeigt mit seinem Fünf-Kräfte-Modell die Attraktivität einer Branche auf und stellt dabei allen Branchen fünf unterschiedliche Wettbewerbskräfte gegenüber. Die Wettbewerbskräfte sind dabei die bestehende Rivalität unter den Wettbewerbern, die Bedrohung durch potenzielle neue Marktteilnehmer, die Verhandlungsstärke der Lieferanten, die Verhandlungsmacht der Abnehmer und die Bedrohung durch Ersatzprodukte & Ersatzdienstleistungen. Die bestehende Rivalität unter den Wettbewerbern, auch Wettbewerbsintensität genannt, beschreibt das Konkurrenzverhalten unter den bereits bestehenden Wettbewerbern. Die Intensität des Wettbewerbs ist hier als eine Art Benchmarking unter den Unternehmen zu verstehen. Sobald neue Marktteilnehmer in den Markt eintreten, steigt zunächst die Wettbewerbsintensität.

Die Bedrohung durch potenzielle Marktteilnehmer kann hierbei durch Markteintrittsbarrieren beeinflusst werden. Größenvorteile, hohe Gründungskosten und ein begrenzter Zugang zu produkt- oder dienstleistungsrelevanten Informationen können beispielsweise den Markteintritt verhindern. Des Weiteren besteht eine Bedrohung durch Substitute, also durch Ersatzprodukte oder Ersatzdienstleistungen. Ein Substitut befriedigt den gleichen Bedarf der Kunden wie das Originalprodukt, die Originaldienstleistung oder übertrifft diese sogar. Zusätzlich zu diesen drei Wettbewerbskräften können sowohl Lieferanten als auch Abnehmer durch ihre Verhandlungsmacht die zukünftige Profitabilität einer Branche beeinflussen. Analysiert man neben den Ergebnissen der Branchenstruktur noch die politische und sozialökonomische Unternehmensumwelt, so kann die langfristige Entwicklung eines Unternehmens prognostiziert werden (Quelle: manager magazin).  

Die politische und sozialökonomische Markttransformation

In der Vergangenheit kam es immer wieder vereinzelt zu großen Markttransformationen, vor allem bedingt durch Technologiesprünge, wie beispielsweise die Erfindung des Smartphones. Doch gerade in der heutigen Zeit erleben wir immer häufiger Markttransformationen, die durch politische und sozialökonomische Entscheidungen getrieben sind. So wurde beispielsweise schon im Jahr 2002 der geplante Atomausstieg Deutschlands durch die Änderung des Atomförderungsgesetz zu einem Atomausstiegsgesetz eingeleitet. Heute sind in Deutschland deswegen fast alle Atomkraftwerke vom Netz gegangen. Die russische Invasion und die damit verbundene Abstellung der Energie- und Gasversorgung beschleunigen die Stromerzeugungstransformation in Deutschland derzeit zusätzlich. Klassische Energiequellen werden künftig durch erneuerbare Energien abgelöst. Eine politische und sozialöko-nomische Markttransformation vereint somit die Marktperspektive mit übergeordneten Faktoren, wie in diesem Fall die Energiewende. Ein weiterer aktueller Faktor ist die Covid-19-Pandemie. Die Pandemie beeinflusst vor allem die digitale Transformation der Märkte. Dadurch wurden die digitalen Schwächen der Unternehmen im Markt aufgedeckt und die Krise immer häufiger als Chance zur Digitalisierung gesehen.  

Zusammenfassend ist eine politische und sozial-ökonomische Markttransformation somit vereinfacht ausgedrückt die Veränderung des Ist-Zustands eines Marktes durch übergeordnete, exogene Faktoren. Hierbei kann der Markt ent-weder in einer anderen „transformierten“ Form weiterexistieren oder er wird komplett verschwinden. Eine Markttransformation stellt deshalb für Unternehmen eine Bedrohung dar. Als Konsequenz müssen Unternehmen in der heutigen Zeit die Markttransformation als sechste Wettbewerbskraft neben Porters fünf Wettbewerbskräften berücksichtigen. Im nachfolgenden Abschnitt gehen wir am Beispiel des Kauf- und Warenhäusermarktes noch einmal näher auf die Wirkung der Markttransformation im Zusammenspiel mit Porters fünf Wettbewerbskräften ein.    

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Abbildung 1: Die Wettbewerbskräfte der Zukunft (Sechs-Kräfte-Modell des Wettbewerbs)

Die Wettbewerbskräfte der Zukunft am Beispiel des Kauf- und Warenhäusermarktes

Der Kauf- und Warenhäusermarkt beschreibt den Einzelhandel verschiedener Produktgruppen, wie beispielsweise Nahrungsmittel und Spielwaren. Der Marktanteil im deutschen Einzelhandel liegt aktuell bei ungefähr ein bis zwei Prozent und der Umsatz beläuft sich auf ca. fünf bis sechs Milliarden Euro, verteilt auf 175 Kauf- und Warenhäuser. Im Zeitraum von 2016 bis 2021 lag das durchschnittliche Branchenwachstum bei minus zehn Prozent. Da sich über die Hälfte des Branchenumsatzes auf vier große Kauf- und Warenhäuserketten verteilt, herrscht zudem eine hohe Marktkonzentration im Markt. Zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren gehören der Zugang zu hochwertigen Inputfaktoren, flexibel einsetzbare Mitarbeiter, die ansprechende Präsentation der Produktgruppen, die breite Auswahl an Produkten und die physische Nähe der Geschäfte zum Kunden. Die Corona-Pandemie hat zusätzlich zur steigenden Digitalisierung den Rückgang der Branche beeinflusst. Zu den sehr hohen Mietkosten in innerstädtischen Räumen kam ein deutlicher Einbruch des Konsums.  

Das negative Wachstum und die hohe Marktkonzentration machen es für potenzielle Wettbewerbsteilnehmer eher unattraktiv und schwierig, in den Markt einzutreten und führen zu einer hohen Rivalität zwischen den bestehenden Wettbewerbern. Kauf- und Warenhäuser unterscheiden sich von anderen Einzelhändlern durch eine große Produktauswahl. Durch diese hohe Produktauswahl machen sie sich von einer Vielzahl an Lieferanten abhängig, obwohl sie durch die hohe Marktkonzentration über eine hohe Einkaufsmacht verfügen. Wie der gesamte Einzelhandel ist ein Kauf- und Warenhaus sehr abhängig von den Konsumenten. Da der Konsum während der Corona-Pandemie deutlich eingebrochen ist und der Onlinehandel sich als Konkurrent immer mehr Marktanteil verschafft, ist der Markt für Kauf- und Warenhäuser stark geschrumpft. Als größtes und deutlich stärkstes Substitut bedroht der Onlinehandel die etablierten Kauf- und Warenhäuser. Der Onlinehandel hat besonders während der Corona-Pandemie von 2020 auf 2021 ein starkes Wachstum von ungefähr 19 Prozent erfahren. In Deutschland wird mittlerweile mit einem E-Commerce-Umsatz von 80 bis 90 Milliarden Euro das Sechsfache des Umsatzes des Kauf- und Warenhäusergeschäfts generiert.

Die Markttransformation des Kauf- und Warenhäusermarktes wird vor allem durch die drei großen politischen und sozialökonomischen Trends Digitalisierung, Covid-19-Pandemie und den russisch-ukrainischen Krieg getrieben. Gerade deshalb rückt durch die Transformation des Marktes die Frage nach der Daseinsberechtigung und Überlebensfähigkeit für viele Unternehmen in den Vordergrund. Beispielhaft ist dies bei dem Insolvenzverfahren des Warenhausriesen Galeria Karstadt Kaufhof zu sehen. Vor allem durch die Markttransformation, kombiniert mit einer fehlenden Anpassungsfähigkeit seitens Galeria ist der Konzern in die Krise geraten (Quelle: statista).

Fazit

Als zukunftsweisende Wettbewerbskraft bestimmt die politische und sozialökonomische Markttransformation im Zusammenspiel mit Porters fünf Wettbewerbskräften die Attraktivität einer Branche. Ihre Fähigkeit, einen Markt komplett zu transformieren oder verschwinden zu lassen, macht sie hierbei einzigartig. Sie stellt folgerichtig eine starke Bedrohung für die aktuellen Wettbewerber im Markt dar. Ein Unternehmen kann sein Überleben bei einer eingetretenen Markttransformation nur durch gezielte Anpassungsfähigkeit gewährleisten. Wie ein „Chamäleon“ muss eine Organisation in den vorgegebenen Marktstrukturen agieren und sich bei Veränderungen entsprechend anpassen. Am Beispiel Galeria Karstadt Kaufhof kann man sehen, dass sonst die natürliche Selektion im Wettbewerbsmarkt eintritt.

Autor

Johannes Josnik

Geschäftsführender Gesellschafter
Johannes Josnik
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